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Fische, keine Liebe

Bildquelle: pexels.com

Vor ein paar Jahren hat mich die erste Frau, die ich wahrlich geliebt habe, lediglich mit ein paar Worten absolut kaputt gemacht. Menschen, die mit so etwas unreif umgehen, verfallen in die “Hass-Phase” oder ihnen ist auf magische Art und Weise alles egal. So war es damals auch bei mir. Ein gewisser Herr, den ich seither nicht mehr gesehen habe, erzählte mir damals eine Geschichte, die seither Profund meine Sicht auf Liebe und Beziehungen verändert hat. Und diese möchte ich mit euch teilen. 

Ein Mann schlenderte eines Samstagmittags die Promenade entlang. Er ging eine große Runde um den örtlichen Fluss. Es war ein lauer Sommertag. Ein leichter, kühler Wind wehte. Der Mann sah eine Person direkt am Wasser sitzen. Sie hatte einen kleinen Klapptisch vor sich und daneben einen Campingstuhl, auf dem ein kleiner, roter Gaskocher mit einer Gusseisenpfanne stand. Als er der Person näher kam, merkte er, dass in dem Campingstuhl sein alter Schulfreund Michael saß. Er hatte ihn bestimmt 20 Jahre nicht gesehen. Er ging auf Michael zu. Der Mann sah, dass er gerade einen Fisch aß. Die Angelrute und restliches Equipment deuteten darauf hin, dass dieser noch heute im örtlichen Fluss geschwommen ist. Er ging auf Michael zu und begrüßte ihn. Sie unterhielten sich ein wenig. Etwas später fragte der Mann: “Dir scheint der Fisch aber besonders gut zu schmecken, nicht wahr?” Michael erwiderte: “Oh du hast ja keine Ahnung. Ich liebe Fisch so sehr. Er ist so lecker und zudem auch noch gesund!”. Der Mann guckte seinen alten Freund etwas verwundert an.Du liebst den Fisch also?”, fragte er Michael. “Oh ja bei weitem, ist es mein Lieblingstier.” Michael sah, dass der Mann ihn verwundert ansah und wissen wollte, was los sei. “Naja Michael, ich finde es verwunderlich, dass du sagst, du würdest den Fisch lieben.” “Wie meinst du das?”, erwiderte Michael. “Du liebst dich selbst, nicht den Fisch. Würdest du den Fisch lieben, hättest du ihn nicht aus seinem zu Hause geholt, ihn getötet, gebraten und gegessen.”

So oft erzählen mir Menschen von ihren Beziehungen und immer wieder erkenne ich ein Muster. Sie verwechseln Liebe mit Selbstliebe. So oft schauen wir auf Beziehungen und fragen uns, was uns diese Person gibt. Ein offenes Ohr und eine Schulter zum Anlehnen oder doch nur sexuelle Befriedigung. Doch das ist keine Liebe, das ist Selbstliebe. Ich möchte das um Himmels Willen nicht schlecht machen. Solche Beziehungen gehören dazu. Doch es ist eben keine wahre Liebe.

Liebe ist ein absolutes Mysterium. Ich vergleiche das gerne immer mit elterlicher Liebe. Eltern investieren ihr Leben, Geld und Unmengen an Energie in die Erziehung ihrer Kinder. Und dabei ist klar, dass das letztendliche Ziel der ganzen Sache ist, dass die Kinder die Eltern irgendwann nicht mehr brauchen. Wenn man einen Menschen wirklich liebt, heißt es nicht zwingend, dass es die eine Person für den Rest des Lebens ist. Manchmal muss man dieser Liebe mit einem lachenden und einem weinenden Auge den Rücken kehren. Auch wenn es in dem Moment unheimlich schwer fallen mag, ist es manchmal besser aus der Ferne zu lieben.

Denn am Ende steht immer das Wohl des Anderen über dem Eigenen. So sieht wahre Liebe aus. Glaubt mir, ich fühle sie seit Jahren.

Mit Liebe, J.