Übungen für den Fall eines Amokalarms gehören in US-amerikanischen Schulen genauso zum Alltag wie Feueralarm-Übungen. Dass dies leider notwendig ist, wird immer wieder bewiesen. Schaut man sich auf Wikipedia die Auflistung der Amokläufe an Schulen in den USA an, sieht man, dass es teilweise jede Woche, oder zumindest mehrmals im Monat, zu solchen Tragödien kommt. Ein Amoklauf, der besonders viel Aufmerksamkeit erregt hat, war das Stoneman Douglas High Shooting in Parkland am 14. Februar 2018. Mit 17 Toten und 17 Verletzten ist es das dritt-tödlichste School Shooting der letzten 22 Jahre.
Wie nach jeder öffentlichen Schießerei in den USA dauerte es auch hier nicht lange, bis Forderungen nach einer Änderung des Waffengesetzes laut wurden. Dieses Mal jedoch ebbten die Forderungen nicht von selbst ab. Denn viele Schüler*innen der Schule, die den Amoklauf überlebt hatten, setzten sich ein und gründeten die Bewegung “Never Again MSD”, benannt nach ihrer High School, der Marjory Stoneman Douglas High School. Ihr Hauptziel: Die Politiker*innen unter Druck zu setzen und zu einer Änderung der Waffengesetze zu bringen. Außerdem besuchte die Gruppe mehrere Städte, um junge Leute dazu zu bringen, in den kommenden Mid-Terms zu wählen. Etwas über einen Monat später, am 24. März, gab es landesweite Demonstrationen unter dem Namen “March For Our Lives”. Fast 2 Millionen Menschen demonstrierten dort gegen Waffengewalt in den USA.
Eines der bekanntesten Gesichter der Proteste ist X González. Damals noch unter dem Namen Emma bekannt, nutzt X seit 2021 die Pronomen they/them und hat den Namen Emma abgelegt. Bereits drei Tage nach dem Amoklauf hielt X eine erste Rede, in der die Wut über die Versäumnisse der Politik deutlich wurde. Mit anderen Mitschüler*innen besuchte X weitere Veranstaltungen, sprach mit Politiker*innen Floridas, Journalist*innen und Vertreter*innen der amerikanischen Waffenlobby, der National Rifle Association (NRA). Alles mit einem Ziel: eine Veränderung zu bewirken durch strengere Waffengesetze zu erlassen.
Bereits am 06. März stimmte der Senat in Florida für eine Anpassung der Waffengesetze. Angestoßen durch die Proteste der Schüler*innen, bekam die Gesetzesänderung den Namen “Marjory Stoneman Douglas High School Public Safety Act”. So soll das Mindestalter bei Waffenkäufen auf 21 angehoben werden und es muss eine dreitägige Wartezeit eingehalten werden. Auch werden sogenannte Background-Checks verpflichtend eingeführt und es soll mehr in Programme für psychisch kranke Menschen investiert werden. Außerdem soll es Personal an Schulen möglich sein, Waffen zu tragen. Sturmgewehre, wie die Waffe, die der Täter nutzte, bleiben trotzdem erlaubt. Ebenfalls im März wurde ein landesweites Gesetz erlassen, das Sicherheitsmaßnahmen wie Metalldetektoren an Eingängen finanziell fördern sollte. Dies wurde von den Schüler*innen jedoch stark kritisiert, da es eine leichte Lösung sei, die letztendlich gar nichts bringe.
Vergangenes Jahr wurde eine Dokumentation zu dem Thema veröffentlicht. “Us Kids” begleitet die Aktivist*innen, die hinter March For Our Lives stehen, in den Monaten nach dem Amoklauf in Parkland. Die Doku zeigt die Jugendlichen unterwegs zu Terminen und Auftritten, in ihrem Alltag, bei ihrem Verarbeitungsprozess. Und zeigt dabei vor allem eines: dass sie zwar Aktivist*innen sind, aber gleichzeitig auch nur Kinder, die irgendwie mit den Folgen eines Amoklaufs klarkommen müssen. Mittlerweile studiert X González am College und auch viele der anderen Mitstreiter*innen haben ihre Leben seitdem weitergeführt. Zwar ist X momentan nicht mehr aktivistisch aktiv, möchte aber andere dazu ermutigen, ihre Stimme zu nutzen und nicht zu unterschätzen, was sie erreichen können. Der March For Our Lives am 24. März gilt als eine der größten Demonstrationen junger Menschen seit Jahrzehnten, die Bewegung ist seitdem noch immer präsent und aktiv in ihrem Kampf für strengere Waffengesetze.