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Weibliche Creatorinnen auf OnlyFans: Zwischen Empowerment und Ausbeute

Quelle: unsplash

„Ich habe einen roten Benz, dank OnlyFans. Ich glaube, ich bin jetzt Millionärin. (..) „Mach Million Dollar Cash mit meinem OnlyFans Account. Also schreib mich an privat, Baby, ich schreib dir zurück.” (..) Doch willst du das Sehen musst du mich abonnieren.“ (…) „Ich mach nur was mir gefällt und was machst du?“

Mit diesen Zeilen aus dem Song „OnlyFans“ beschreibt Katja Krasavice eine weitverbreitete ideale Vorstellung von OnlyFans. Man hört es nicht nur im Song, sondern bekommt auch auf Instagram, TikTok und Co. Paradebeispiele gezeigt, wie vor allem Frauen einfach, schnell und unabhängig von jemandem (anscheinend) Geld mit OnlyFans verdienen können. Bietet OnlyFans für Frauen einen Weg, eine selbstbestimmtere und von Männern unabhängigere Arbeitsweise, zu verwirklichen? 

Was ist OnlyFans überhaupt und was macht es so erfolgreich?  

Eigentlich funktioniert das 2016 gegründete soziale Netzwerk ähnlich wie Instagram, TikTok und Co.: Man folgt Creator:innen, deren Content man gut findet. Selbst kann man nicht nur Nutzer:in sein, sondern auch Creator:in werden. Bis hierhin klingt alles vertraut. Das Abonnement ist im Gegensatz zu den herkömmlichen Social Media Plattformen jedoch kostenpflichtig. Dadurch haben die Creator:innen die Möglichkeit, nur durch ihren Content Geld zu verdienen und das ohne Werbung.

OnlyFans erlaubt all das, was auf anderen Plattformen verboten ist. Es gibt kaum Richtlinien, nur das Hochladen von strafbarem Content ist verboten, dadurch entstehen Freiräume, Entfaltungsmöglichkeiten aber auch Risiken. Zusätzlich wird den Nutzer:innen, durch einen fehlenden Algorithmus, nicht vorgeschlagen, wem oder welchen Content sie folgen sollten. Die Inhalte bewegt sich zwischen Musik-, Sport-, und vor allem pornographischem Content und Erotik. Dabei gilt: je mehr man zahlt, desto mehr bekommt man zu sehen und persönliche Interaktion sowie Intimität versprochen. Das erlangte Gefühl von Aufmerksamkeit und Intimität seitens der Nutzer:innen führte in der Corona-Pandemie zum endgültigen Durchbruch der Plattform.

OnlyFans als Werkzeug des Empowerments  

Möchte ich meinen Körper im Internet in Szene setzen und damit Geld verdienen oder möchte ich das nicht? Diese Entscheidung ist jede:m selbst überlassen.Jeder Mensch sollte das Recht haben, selbstbestimmt über den eigenen Körper zu entscheiden. Es wird häufig der Aspekt außer Acht gelassen, dass Creator:innen freiwillig und gerne in der Erotikindustrie arbeiten.Creatorin Sophie Lauren beschreibt es als eine Form der Kunst, ihren eigenen Körper in Szene zu setzen. Für Frauen, die vorher schon in der Erotikbranche gearbeitet haben, bietet OnlyFans die Möglichkeit, selbst über Arbeitszeiten und Kosten der Abonnements, aber auch über eigene Grenzen zu entscheiden. Es verspricht eine selbstbestimmtere Arbeitsweise und mehr Kontrolle und Rechte an den eigenen Bildern und Videos

“Man kann auf eigene Faust den Content produzieren, den du machen möchtest und das ist extrem selbstbestimmt. Es gibt den Frauen die Macht zurück, Erzähler und Darsteller zu sein.” – Onlyfans Creatorin Suzie Grime 

Diese unabhängige und eigenmächtige Arbeitsweise ist für viele, egal ob Newcomer:in oder Erfahrene, ein Form von Empowerment. Empowerment beschreibt im Großen und Ganzen die Fähigkeit, die eigene soziale Lebenswelt und das Leben selbst zu gestalten und nicht durch andere.Die Frage, die bleibt, unter welchen Bedingungen findet dieses Empowerment statt und inwiefern kann dann von Empowerment gesprochen werden? 

Oder ist der weibliche Körper doch nur ein lukratives Geschäft?

Durch OnlyFans war es vermeintlich noch nie so einfach, mit seinem Körper so schnell und „einfach“ Geld zu verdienen. Die Hemmschwelle, in die Erotikszene einzusteigen, ist durch den fehlenden physischen Kontakt und die höhere Anonymität seitens der Nutzer:innen gesunken. Das Internet schafft eine räumliche Distanz und so kann jede:r mit ein paar Klicks ein Teil der Erotik- und Pornobranche werden.

Das Motiv und die Motivation der Nutzung von OnlyFans seitens der Creator:innen muss immer bedacht werden. Handeln Sie aus freien Stücken oder aus einer Not heraus. Inwiefern lädt der Anreiz des vermeintlich schnellen Geldes dazu ein, eigene Grenzen zu überschreiten. Creatorin Suzie Grime sagt selbst, dass ihre eigenen Grenzen sich durch eine höhere Summe an Geld verschieben würden.

Zusätzlich eröffnet das Internet ein neues Risiko für Creator:innen. Denn an sich liegen die Rechte des Bild- und Videomaterials bei den Creator:innen, wer jedoch nicht die finanziellen Mittel hat, regelmäßig das Internet checken zu lassen, ob Beiträge doch widerrechtlich verbreitet werden, ist dem Kontrollverlust durch das Internet ausgeliefert. Und das betrifft  einen Großteil der Creator:innen. Manche Creator:innen verdienen zwar hohe fünf- bis sechsstellige Summen im Monat, die Durchschnitts-Creator:innen verdienen jedoch nur 151$ im Monat. In der Realität machen also nur wenige Creator:innen wirklich das „große Geld“.

Die Spitzenverdiener:innen sind zudem meist bereits schon bekannte prominente Personen, die OnlyFans als weitere Vermarktungs- und Einnahmequelle nutzen. Kleine Creator:innen sind ihnen gegenüber häufig chancenlos. Von den Einnahmen muss darüber hinaus jede:r Creator:in 20 % an OnlyFans abgeben. 20 % gehen am Ende des Tages also wieder in die Taschen eines Manns: Tim Stokley, der Erfinder der Plattform. Da stellt sich die Frage, wie groß der Wirtschaftsaspekt ist, der hinter all dem steht. Gibt es vielleicht gerade dadurch so viele Freiheiten und kaum Regeln, damit es umso lukrativer wird?

Empowerment versus Abhängigkeit

Es ist schwer, gar unmöglich strikt zu sagen, ob OnlyFans ein Weg zum Empowerment von Frauen oder doch eher Ausbeute ist. Dazu kommt, dass viele aktive Creator:innen aber auch Aussteiger:innen unterschiedliche Erfahrungen machen und gemacht haben und dadurch die Erfahrungen sehr individuell geprägt und nicht zu verallgemeinern sind. 

Einerseits empowered OnlyFans in der Hinsicht, dass man eine Möglichkeit hat, aus einem vorherigen Abhängigkeitsverhältnis auszubrechen und selbstbestimmter zu arbeiten. Andererseits entstehen bereits neue Wege, die zur Ausbeutung von Creator:innen führen. Durch den Erfolg der Plattform versuchen immer mehr Agenturen, durch angebotene Dienst- und Beratungsleistungen aus den Creator:innen Profit zu schlagen und es entsteht die Gefahr für Creator:innen, in ein neues Abhängigkeitsverhältnis zu rutschen. 

Bevor wir OnlyFans nutzen, egal ob Creator:in oder Nutzer:in, sollten wir uns selbst fragen, wen genau und welche Strukturen wir durch die Nutzung von OnlyFans tatsächlich  unterstützen (wollen). 

Paulina Weißkopf

Paulina studiert Medienwissenschaften sowie Sprache und Kommunikation an der Uni Bonn. Am liebsten befasst sie sich mit gegenwärtigen und lebensnahen Themen. Niemand studiert so ergiebig Promi-News-Portale wie sie.

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