“Das ist mein Geld und da sollte ich auch entscheiden, was ich mit meinem Geld tue.”

Investment Geld
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Ich wüsste gar nicht, wenn ich jetzt in der freien Wirtschaft in eine Gehaltsverhandlung gehen sollte, wie ich das anstellen würde. (…) Ich glaube auch wegen sowas wäre es sinnvoll, über Geld zu reden (…). Was kann man fordern, was ist eine legitime Forderung und was sollte man vielleicht auch fordern? Damit man sich selbst eben nicht klein macht.”

Fabi

In unserer Reihe „Zahltag – über Geld spricht man (nicht)“ packen unsere Interviewgäst:innen jeden Monat intime Details aus ihrem Portemonnaie aus und lassen tief ins Konto blicken. In dieser Ausgabe gibt uns Fabi einen Einblick in die Finanzen einer baldigen Promovendin, wie sie sich über ETFs informiert hat, warum sie wie ihr Geld investiert und wie es war, als Kind immer Urlaub auf Omas Kosten zu machen.


Fantasiename: Fabi

Alter: 26 Jahre

Geschlecht: weiblich

Tätigkeit: Studentin, arbeitet als studentische Hilfskraft 


Was ist deine Geldquelle?

Ich bekomme zum einen Geld von meinen Eltern und von meiner Oma, die mir ein bisschen Taschengeld gibt. Außerdem habe ich zwei Uni-Jobs und eigentlich auch noch einen ehrenamtlichen Job, der entlohnt wird, aber den pausiere ich momentan. Außerdem bekomme ich im Moment ein Stipendium. 

Wie viele Stunden arbeitest du in der Woche?

An der Uni arbeite ich 15 Stunden die Woche und in meinem Ehrenamt habe ich bis vor einem halben Jahr noch drei bis sechs Stunden zusätzlich gearbeitet, aber eben seit einem halben Jahr gar nicht mehr. Das liegt vor allem an meiner Examenszeit. Da dachte ich, dass 18 Stunden arbeiten pro Woche ein bisschen viel ist und habe überlegt, wo ich am einfachsten pausieren kann.

Also machst du mit deinem Ehrenamt unbezahlte Arbeit? 

Naja, ganz unbezahlt ist das Ehrenamt nicht. Es ist ein Ehrenamt mit Aufwandsentschädigung, also man kriegt trotzdem 12 € die Stunde. Das heißt, es ist eigentlich sogar besser bezahlt als meine Uni-Jobs. (lacht) Mir war auch von Anfang an klar, dass ich für dieses Ehrenamt eben bezahlt werde, und bis vor zweieinhalb Jahren war das auch mein einziger Nebenjob. Damals habe ich noch ein bisschen mehr dort gearbeitet und mir so das Extra finanziert. 

Wie viel Geld ist jetzt gerade auf deinem Konto?

Lass mich nachschauen. Ich muss schon mal vorab sagen, es sind mehrere Konten, die da zusammen fließen. Fangen wir vielleicht mit dem Insgesamt an, was auf meinen Sparkassen-Konten ist. Da sind 2.050,99 €. Davon sind 1.800 € auf meinem Sparkonto, was ich aber so ein bisschen flexibel nutze. Also wenn ich etwas brauche, verwende ich davon auch Geld – für Urlaub, wenn ich mir irgendein Kleid oder so kaufen möchte und das gerade sonst nicht drin ist, nehme ich davon ein bisschen was. Dann habe ich noch ein Notfallkonto für mich deklariert, da sind gerade 200 € drauf. Auf meinem jetzigen Girokonto sind 71,58 €, also gerade nicht ganz so viel. Und meine Kreditkarte ist gerade ein bisschen im Minus, 20 €, das heißt, das müssten wir abziehen.

Dann habe ich noch einen ETF-Sparplan, da sind um die 1.100 € drauf. Außerdem habe ich noch ein Aktienkonto, da habe ich aber tatsächlich, weil ich den ETF-Sparplan über einen anderen Anbieter laufen habe, gerade keinen Sparplan oder so. Aber ich habe da mal ein bisschen Geld in so Spaß-Aktien gesteckt und es nie raus genommen, also sind da etwa 77 € drin. Und ich habe mal ein bisschen was in Kryptos investiert, das läuft gerade leider gar nicht gut. (lacht) Da sind noch 155 $ übrig. 

Was ist dein monatliches Netto-Einkommen? 

Das sind 1.750 € ungefähr. Das sind etwa 830 € von meiner Familie, also von meinem Papa, meiner Mama und meiner Oma. Dann 630 € für meine Studentische-Hilfskraft-Tätigkeit. Über mein Stipendium bekomme ich momentan 300 € im Monat.

Wie viel steht dir nach den Fixkosten im Monat zur Verfügung?

Ich habe etwa 710 € an Fixkosten, heißt, dass circa 1.040 € übrig bleiben. Davon versuche ich um die 500 bis 600 € im Monat zu sparen. 

Was ein Überblick! Und bist du mit diesen 1040€ zufrieden?

Voll! Als Studentin ist das eine total privilegierte Position. Natürlich arbeite ich dafür auch und obwohl ich arbeite und über 25 bin, unterstützen mich meine Eltern und meine Oma weiterhin so, wie sie es vorher getan haben. Auch nachdem ich das Stipendium bekommen habe, hat keiner gesagt, dass sie irgendwas kürzen würden oder so. In den letzten Monaten hat es sich immer weiter aufaddiert und jetzt bin ich an einer Stelle, an der ich Geld zurücklegen kann im Studium, was einfach sehr privilegiert ist. 

Inwieweit fühlst du dich finanziell sicher? Ist trotz dem, was du gerade aufgezählt hat, Geld ein Stressfaktor für dich?

Dadurch, dass ich mit meinen Rücklagen sehr flexibel umgehen kann, fühle ich mich sehr sicher. Würden meine Rücklagen unter 500 € oder so gehen, würde ich mir schon Gedanken machen. Aber dadurch, dass jeden Monat wieder die hohe Summe rein kommt, passiert das eben nicht. An sich ist es deshalb kein Stressfaktor und ich gehe relativ entspannt mit Geld um. Manchmal merke ich, dass ich zu oft an mein Sparkonto gehe, und weiß dann aber auch, dass ich etwas weniger Geld ausgeben sollte. In solchen Momenten ist es vielleicht etwas stressig. Aber es ist kein allgemeiner Stressfaktor, sondern mehr der Gedanke, ich müsste mich mal mehr disziplinieren.

Würdest du an deiner finanziellen Situation etwas ändern wollen, wenn du könntest? Was wäre es?

Ich würde gerne unabhängig von meinen Eltern sein und ungefähr das haben, was ich jetzt habe. Natürlich würde ich auch jetzt schon ohne ihre Unterstützung eventuell über die Runden kommen mit dem, was ich verdiene. Aber im Moment nehme ich das noch dankend an. Dadurch, dass ich aber Ende September mit dem Studium fertig werde, ist es absehbar, dass ich ab Oktober nicht mehr finanziell auf meine Eltern angewiesen bin. Ansonsten bin ich mit meiner finanziellen Situation, dafür, dass ich im Studium bin, sehr zufrieden. 

Du hast es eben schon mal ein bisschen angeschnitten. Wie sorgst du finanziell für die Zukunft vor? 

Ich würde sagen, gerade der ETF-Sparplan, den ich mache, der ist mittelfristig für mich ausgelegt und ich habe die Idee, dass das eher 10-20 Jahre Laufzeit hat, als dass ich das in den nächsten zwei Jahren auflösen werde. Generell sind ETFs für mich eine gute Idee und da mein Sparplan ziemlich gefächert ist, ist es für mich sinnlos, noch einen weiteren Standard-Sparplan aufzumachen, weil die bei mir meistens schon enthalten sind. Also so MSCI-World und so. Deshalb habe ich das bisher nicht gemacht. 

Und außerdem… Als Studentische Hilfskraft kann man ja entscheiden, ob man in die Rentenversicherung einzahlt oder nicht und ich habe mich dafür entschieden, einfach, damit ich die Beitragsjahre bekomme. Ein bisschen könnte man das vielleicht auch dazuzählen, dass ich schon ein wenig vorsorge. 

Worüber läuft deinen Sparplan? 

Ich habe einen Robo-Advisor, Oskar heißt der. Er splittet meine monatliche Einzahlung – 50 € bei mir – auf verschiedene ETFs, Gold und Anleihen. Die Gewichtung davon kann man selbst bestimmen. Ich habe da 70 % Aktien, 20 % Anleihen und und 10 % Inflationsbereinigt heißt die Kategorie glaube ich. Dadurch hat man eine bestimmte Sicherheit. Wenn mal eine Aktie oder ein ETF abkracht, heißt das somit nicht, dass alles zusammenbricht, außer es kommt zum Beispiel ein Krieg. 

Aber man muss es eben auch mit Geld machen, das man nicht gerade kurzfristig braucht. Weil nur dann ist es auch nicht so schlimm, wenn man sieht, dass es gerade ins Minus geht. Das nimmt einem den Impuls, dass man das Geld da jetzt schnell raus holen will, weilich weiß, dass es auch wieder hoch gehen wird. Es dauert halt vielleicht ein paar Jahre. So schlimm ist die Situation ja im Moment nicht, aber so eine Lage kann in den nächsten Jahren schon durchaus passieren und auch lange dauern, bis sich das wieder erholt. Aber idealerweise bin ich zu so einem Zeitpunkt finanziell trotzdem einigermaßen abgesichert und das Geld kann einfach liegen bleiben, bis es sich wieder erholt. 

Dadurch, dass ich ja monatlich 50€ einzahle, gleicht man damit auch wieder die Ups und Downs aus und potentiell geht es ja eher hoch – außer es kommt eine Weltwirtschaftskrise. Und damit nimmt man auch ein bisschen diese Frage weg, wann der beste Zeitpunkt ist zu investieren. Stattdessen packst du jeden Monat 50€ rein, egal wie der Kurs eben steht. 

Wie kam es dazu, dass du dich mit dem Anlegen von Geld und Sparplänen auseinandergesetzt hast? Wie hast du dich informiert? Und wie viel Zeit hast du da reingesteckt? 

Ich würde ja voll gerne sagen, es ist intrinsische Motivation gewesen, aber so war es nicht. Es war mein Freund, der sich damit beschäftigt hat und gefragt hat, ob das nicht in meiner guten finanziellen Lage sinnvoller für mich wäre anzulegen, anstatt das Geld auf einem Konto liegen zu lassen, auf dem es immer weniger wert wird. 

Also ich habe mich selbst in die Themen eingelesen, weil ich nicht die Person sein wollte, die abhängig von Finanz-Entscheidungen einer anderen Person ist. Das ist mein Geld und da sollte ich auch entscheiden, was ich mit meinem Geld tue. Mich hat das tatsächlich Überwindung gekostet. Im ersten Moment war die Situation mit meinem Freund auch so, dass ich dachte “ja, natürlich erzählst du als Mann mir, was ich mit meinem Geld tun sollte”. Aber dann habe ich mich reingelesen und gesehen, wo die sinnvollen Punkte sind und was man alles machen kann. Und ich habe mich vorher informiert und ein bisschen darüber gelesen, was ETFs überhaupt sind, was der Unterschied zu Aktien ist. Und auch, was überhaupt sinnvoll ist.

Es ist halt kein kurzfristiges Investment, sondern ein mittel- bis langfristiges Investment. Also: Ich habe mich da schon so ein bisschen eingelesen. Aber ich würde auch sagen, ich habe deutlich weniger Ahnung als mein Freund. Ich glaube sein Wissen kommt auch viel von seinem Vater, der viel mit Aktien macht, und es deshalb ein Thema ist, über das sie viel reden. 

Wie viel willst du mal verdienen? Vielleicht auch im Hinblick darauf, dass dein Studium in den nächsten Monaten endet. 

Ich glaube, das muss man ein bisschen differenziert sehen. Also ich würde gerne promovieren und wenn ich eine volle Stelle bekomme, würde ich jetzt tendenziell gerne 4.000 € brutto pro Monat verdienen. Ich wäre auch zufrieden, wenn ich nur einen halbe Stelle bekomme mit ungefähr 2.000 € brutto. Das wäre am Ende netto ein bisschen weniger als das, was ich jetzt habe, aber wäre für mich trotzdem noch genug. Aber das würde ich dann auch nur für  zwei bis drei Jahre so machen. Perspektivisch würde ich aber schon mehr verdienen wollen, vielleicht so 65.000 € bis 70.000 € im Jahr oder so. 

Und was ist so deine Gehalts-Schmerzgrenze? Was ist das mindeste, was du verdienen willst?

Ich glaube meine Gehalts-Schmerzgrenze ist für eine volle Stelle diese 4000€ brutto. Ich orientiere mich da so ein bisschen an den Tarif-Tabellen für Beschäftigte an der Universität. Und ich finde das relativ fair so. Ich habe dann eben einen dem Master äquivalenten Abschluss und ich finde, dann sollte man auch so bezahlt werden. 

Wie war deine finanzielle Situation in deiner Kindheit? Hattet ihr Geldsorgen? Wusstest du von den Geldsorgen als Kind? Oder war Geld bei euch kein Thema?

Das Thema Geldsorgen habe ich als Kind schon ein bisschen mitbekommen. Ich war fünf oder sechs, als sich meine Eltern haben scheiden lassen. Ich glaube, meinem Papa ging es finanziell nie schlecht, er hat aber nie viel über Geld geredet, aber der hat eigentlich ein ganz gutes Gehalt.

Aber meine Mutter hatte früher nicht so viel Geld. Also uns ging es nie wirklich schlecht, wir hatten auch eine große Wohnung, ich musste mir kein Zimmer teilen, es war alles ok. Aber ich habe schon gemerkt, wenn wir mal in der Stadt waren, dass sie meinte “Ne, jetzt gerade nicht”. Wir waren nicht so oft essen, wie andere Familien, die ich kannte. Und sie meinte erst letztens nochmal zu mir: Früher hat sie keine Vorspeise genommen, oder die Flasche Wein, die sie zusammen getrunken haben, hat ihre Schwester bezahlt. Und das habe ich als Kind so ein bisschen wahrgenommen. Wir waren auch nie viel im Urlaub. Und wenn wir einmal im Jahr im Urlaub waren, hat den meine Oma bezahlt. 

War dir bewusst, dass deine Oma bezahlt hat? Oder wurde dir das erst im Nachhinein bewusst?

Nein, das war mir schon bewusst. Es war immer so: Wir fahren mit Oma in den Urlaub und Oma bezahlt den Urlaub.

Wie wohl fühlst du dich über dein Geld zu sprechen? 

Ich habe eigentlich kein Problem, über Geld zu sprechen. Wenn ich aber zum Beispiel  mit meinem Papa rede, dann ist es ihm unangenehm, wenn ich etwa  über Einstiegsgehälter rede. In meinem Fall kann man so etwas ja einfach in den Tabellen der Tarife nachgucken. Aber das ist eben ihm unangenehm, nicht mir. Ich glaube, wenn ich mich mit Kommiliton:innen über Geld unterhalten würde, dann würde ich mich ein bisschen schlecht fühlen, wenn ich merke, dass ich deutlich mehr Geld zur Verfügung habe – also gegenüber jemand anderem und nicht, weil ich über meine finanzielle Situation rede.  

Findest du, dass man offener über Geld reden sollte? Vielleicht auch im Beruf z.B. die Kolleg:innen fragen, wie viel sie verdienen?

Ich finde auf jeden Fall, dass öffentlicher und öfter über Geld geredet werden müsste und dass das eigentlich nichts ist, was man verheimlichen muss. Ich weiß, dass das in der freien Wirtschaft natürlich schwierig ist, weil man sich gegenseitig ja eventuell als Konkurrenz wahrnimmt und man deshalb gar nicht offen legen möchte, was man verdient. Aber ich finde, das sollte anders sein. 

Ich wüsste aber zum Beispiel gar nicht, wenn ich jetzt in der freien Wirtschaft in eine Gehaltsverhandlung gehen sollte, wie ich das anstellen würde. Also ich glaube, ich fänd das erstmal schwierig das einzuschätzen. Ich glaube auch, wegen sowas wäre es sinnvoll, über Geld zu reden, eben für Berufseinsteiger:innen. In dem Sinne: Was kann man fordern, was ist eine legitime Forderung und was sollte man vielleicht auch fordern. Damit man sich selbst eben nicht klein macht. 

Anna Ross und Lina

Lina ist 24 Jahre alt und studiert an der Universität Bonn. Wenn sie bei Canapé nicht gerade Gastbeiträge schreibt oder Interviews für die Reihe Zahltag transkribiert, lektoriert sie Texte unserer Autor:innen. Findet ihr also Rechtschreibfehler in einem unserer Texte - probably Lina's fault. Denn sind wir ehrlich: Lina kocht deutlich besser, als dass sie Kommas setzt.

Anna ist auf der Zielgeraden ihres Journalismus-Studiums und arbeitet nebenher für die dpa. Bei Canapé gehört sie zur "Zahltag"-Front und sorgt somit dafür, dass Geld allmählich von der Tabuthemen-Liste verschwindet. Denn über Geld spricht man, nicht?

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