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Social Media – Von FOMO, Reflexen und Mental Health

Social Media und Mental Health
Bildquelle: Unsplash

1 neue Nachricht: Instagram, (…) hat deinen Post geliked.
Ich schaue kurz auf mein Handy, aktualisiere einmal, zweimal. Leg es wieder weg.
1 neue Nachricht: wieder Instagram, (…) hat deinen Post geliked.

Mich jetzt auf etwas anderes zu konzentrieren macht doch eh keinen Sinn mehr.

Also sitze ich am Handy, warte gespannt, wem mein neues Bild gefällt während ich wahllos durch meine Timeline stöbere. Leute sehe, deren Leben augenscheinlich viel besser ist als mein eigenes und mir 10, 20, 50 Reels ansehe, deren Inhalt ich nach 2 Minuten eh wieder vergessen habe.

In solchen Momenten frage ich mich häufig, was ich wohl mit der Zeit angestellt hätte, die ich gerade auf Social Media “vergeudet” habe. Im jeweiligen Moment fühlt sich die Zeit dort richtig an, ganz so als gehöre ich dorthin. Oft fällt mir im Nachhinein erst auf, wie schnell die Zeit vergangen ist und wie schwer es mir doch gefallen ist, mich vom Bildschirm zu lösen. Aus Angst, etwas zu verpassen.

Einer meiner besten Freunde hat mir dann Anfang des Jahres einen Denkanstoß gegeben. Eine kleine Challenge, die sich als interessantes Experiment für mich herausgestellt hat: 

Alle Social Media Apps löschen – was ich dann für eine Woche Ende Januar getan habe.

Wobei man dazu sagen muss, dass sich Social Media bei mir nur auf Plattformen wie Instagram und TikTok bezieht, WhatsApp habe ich der Einfachheit halber behalten. 

Die ersten 24 Stunden waren hart, das gebe ich zu. Der Finger ist immer wieder an die Stelle gewandert, an der Instagram vorher auf meinem Homebildschirm platziert war. Fast wie ein Reflex. Ich habe dann meistens kurz innegehalten und mein Handy wieder weggelegt. 

Was ich Anfang der Woche oft im Hinterkopf hatte, waren banale Gedanken wie “das wäre jetzt ein tolles Bild für eine Story”. “Vielleicht hat gerade jemand ein Bild hochgeladen, das ich wirklich gerne sehen würde.“ “Was, wenn mir jemand ein super witziges Meme geschickt hat, über das ich jetzt nicht lachen kann?” Gegen Ende der Woche waren diese Gedanken mehr oder weniger verflogen.

Ich habe mich in dieser Woche mit mehr Leuten getroffen als die kompletten 3 Wochen vorher zusammen und war öfter an der frischen Luft. Auch geistig ging es mir ab Tag 3 besser. Sich nicht konstant glatt gebügelte Scheinleben von großen Influencer:innen anzusehen, hat in mir den Drang in Teilen unterdrückt, mich immer vergleichen zu müssen. Denn oft ertappe ich mich in meinem Social Media Alltag dabei, wie ich mir Profile von Leuten (meist in meinem Alter) ansehe, die in mir das Gefühl auslösen, ich hätte für mein Alter noch nicht genug erreicht, nicht genügend Freunde oder nicht das richtige “Mindset” um wirklich was aus meinem Leben zu machen.

Was aber in der Zeit ohne Social Media am hilfreichsten war? Dass ich das Ganze nicht alleine gemacht habe. Ich konnte mich abends mit meinem besten Freund austauschen, was ich am Tag so gemacht hab, statt am Handy zu sein.

Diese Veränderungen in meinem Alltag waren so ausschlaggebend für mich und meine Mental Health, dass ich beschlossen habe seit diesem Experiment im Januar jeden Monat eine Woche (oder zumindest ein paar Tage) ohne Instagram und Co. zu leben.

Was ich hier schreibe hört sich fast danach an, als wolle ich Instagram, TikTok und den Rest der Social Media Plattformen verteufeln, doch ganz so simpel ist es nicht. Während es viele negative Aspekte zu betrachten gibt, die Social Media offensichtlich mit sich bringt, ist auch großes Potential da. 

Ich nutze Instagram, um mich zu informieren und durch große Kanäle wie die der Tagesschau oder der Süddeutschen Zeitung auf dem neuesten Stand zu bleiben. Genauso existieren sehr viele sehr gute Accounts, die Wissen gut verpacken, mir kreative Inspiration geben oder mich ganz einfach allgemein inspirieren, sei es musikalisch, dekorativ oder modisch.

Man kann von Social Media halten, was man möchte, und es gibt sicherlich viele positive wie auch negative Aspekte. Jedoch denke ich, dass man sich hin und wieder von seinem Online-Leben lösen sollte, einfach mal ein paar Tage, eine Woche ausloggen und das Leben genießen, ohne sich dem sozialen Druck hinzugeben. 

Denn manchmal fühlt es sich an wie Gruppenzwang, als müsse man dabei sein um nichts zu verpassen (Stichwort “FOMO/fear of missing out”) und ich denke, jeder Mensch, in dessen Leben Social Media eine Rolle spielt, ob aktiv durch Posts oder passiv durch stille Beobachtung, hat sich schon einmal Gedanken zu dem Thema gemacht und ist womöglich zu dem Schluss gekommen, dass das, was da passiert, gar nicht so gesund sein kann.

Und trotzdem findet sich früher oder später (fast) jede:r wieder dort, sei es wegen FOMO, Selbstverwirklichung, Information, Inspiration oder purer Langeweile. 

Auch, wenn ich immer wieder eine Pause einlege, merke ich doch jedes Mal, dass ich froh bin wieder zurück zu sein. Ich bin gerne online, auch, wenn mir das Ganze häufig nicht gut tut. Ich tausche mich gerne über Instagram mit Freunden über neueste Trends aus, poste Bilder und bastel Stories. Social Media gibt mir die Chance, auf meine Art kreativ zu werden und dafür nehme ich auch mal die negativen Aspekte in Kauf.

Am Ende muss man Social Media nicht komplett den Rücken kehren, nur hin und wieder etwas bewusster damit umgehen. 

Caro Stengl

Caro ist 22 Jahre alt und arbeitet im Marketing einer VR Bank in der Nähe von München. Nebenbei studiert sie berufsbegleitend und ist in ihrer Freizeit gerne kreativ unterwegs. Bei Canapé ist Caro teil des LitWoch-Teams und schreibt auch hin und wieder über andere Themen.
Random fact: Sie kennt mehr Fakten über Tauben als dir vielleicht lieb wäre.

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