Die rheinländische Maibaumtradition sieht eigentlich eine Abholung der Bäume einen Monat nach der Aufstellung vor. Nicht alle Aufsteller:innen nehmen das so genau. Unsere Autorin Leonie Meyer teilt ihre Gedanken und Fotos zu dem Thema.
Traurig stehen sie da. Vertrocknet, mit mal mehr, mal weniger verblichenem oder ausgewaschenem Schmuck, an Laternen, Regenrinnen und Straßenschildern: die verbliebenen Maibäume. Sie wurden im Gegensatz zu vielen anderen nicht am letzten Mai-Tag abgeholt und mit Hopfen und Malz vom Vater des:der Angebeteten belohnt.
Stattdessen befinden sich diese Maibäume knapp einen Monat später noch immer auf ihren Plätzen. Einige von ihnen werden dort auch wahrscheinlich noch eine ganze Zeit lang verweilen. Sie können als Mahnmal vergangener Liebe gedeutet werden oder auch schlicht als Kennzeichen jugendlicher Faulheit. Vermutlich ist Letzteres zutreffender.
Während das Aufstellen des Maibaums in der Regel im Rudel und mit Pegel passiert, erfolgt das Abholen – sofern es denn überhaupt erfolgt – oftmals allein. Das ist nicht nur etwas einsam, sondern auch ziemlich unromantisch. Das Kreppband weht bereits kraft- und farblos im Wind, während ein paar der ausgedörrten Blätter auf den Bürgersteig segeln. Die Frühlingsgefühle sind mittlerweile passé und ohnehin ist ja jetzt Sommer. Gedanklich ist nur noch Raum für Freibad und See und nicht mehr für Birken am Straßenrand.
Vielleicht ist es jetzt auch einfach konsequent, bis zum Herbst zu warten, dann fallen die braunen Blätter im Stadtbild auch gar nicht mehr so doll auf.